Kulanz bei Adobe ein Fremdwort

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Wie man bei Adobe – dem Hersteller von Grafik-Standardsoftware wie Photoshop oder InDesign – seine Kunden behandelt, ist nicht neu, aber immer wieder erschreckend. Meine letzte Erfahrung ist so ca. 1-2 Jahre her. Die Creative Suite 5 war damals noch die aktuelle, und ich hatte eine Frage zu einem Problem, das ich mit meiner Version CS2 hatte. Die lapidare Antwort war damals: Die aktuelle Version sei CS5, und der Support reiche maximal eine Versionsnummer zurück. Also bis CS4. Ja, klar. Sehr kulant. Mehr kann man bei solchen Mitnahmepreisen ja auch nicht erwarten. [Ironiemodus off]

(Einschub: Mir ist übrigens schon klar, dass Adobe inzwischen bei CS6 angekommen ist. Na und? Mir hat CS2 die ganze Zeit eben einfach gereicht. Klar macht man irgendwann mal wieder ein Update. Aber muss man sich das von Adobe vorschreiben lassen? Schließlich kosten die Programme ja eine Kleinigkeit, die durchaus in die Kategorie „Investitionsrahmen“ fällt.)

Ein weiteres Anliegen meinerseits war der Wechsel von der Windows-Plattform auf den Mac. Mir wurde mitgeteilt, dass ich zwar jederzeit wechseln könnte, die alten Versionen aber leider nicht auf Vorrat gehalten werden könnten, weshalb ich kostenpflichtig (für rund 1200 Euro) auf eine aktuelle Version upgraden müsste. (Klar, die paar alten Versionen als Download zur Verfügung zu halten, kostet schon unglaublich Speicher… — Ohne Worte.)

Wie sich nun heute herausstellte, weiß bei Adobe offenbar die linke Hand nicht, was die rechte tut. Denn zwischenzeitlich habe ich mir eine Version InDesign CS3 für den Mac angeschafft. Es war ja angeblich nur ein Verfügungsproblem. Nachdem das Programm aber nur installiert war, wurde mittels Seriennummer einer Vorversion die Upgrade-Berechtigung abgefragt. Leider ging weder die SN für das ganz alte CS1 (PC) noch jene für die direkte Vorversion CS2 (ebenfalls PC). In der Onlinehilfe stand zu diesem Problem:

Ich habe die Plattform gewechselt und jetzt funktioniert meine Seriennummer nicht.
Sie können dieses Problem nicht selbst lösen. Wenden Sie sich an Adobe.

Das habe ich dann auch getan. Aus Unterhaltungswert und um nicht nicht Eindruck zu erwecken, ich würde möglicherweise etwas durch Verkürzung verfälschen, hier der Chat mit dem Adobe Support von Freitagmittag in voller Länge:

Adobe Support | 31.8.2012 – ca. 14:50

(Vorweg hatte ich kurz mein Problem beschrieben und hinter jede Version in Klammern Plattform und Sprachversion ergänzt.)

Bitte warten Sie einen Moment auf einen Mitarbeiter.
Sie chatten gerade mit M**** (Name der Mitarbeiterin ist der Redaktion bekannt.).

M: Willkommen beim Adobe Kundenservice.

Ich: Hallo.
Haben Sie mein Problem schon gelesen?

M: Nennen Sie mir bitte Ihre Seriennummer.

ich: Welche?

M: Nennen Sie mir zunächst die CS3 Seriennummer.

Ich: XXXX1…

M: Nennen Sie mir jetzt noch bitte die anderen beiden Seriennummern.

Ich: CS1 YYYY2…
CS2 ZZZZ3…

M: Vielen Dank.

Ich: Gerne.

M: Sie haben mir die CS2 Seriennummer zwei mal gegeben.
Ich benötige noch die CS3 Seriennummer.

Ich: Ähm, nein die CS3-Seriennummer steht oben und ist eine andere: XXXX1…

M: Bei mir steht die Nummer leider vorher nicht. Eventuell war es ja ein Anzeigefehler.

Ich: Okay, aber jetzt haben Sie sie?

M: Einen Moment bitte.

M: Ich habe das Problem gefunden. Die InDesign Cs3 Version ist für das Betriebssystem Mac. Sie haben aber als Vorversionen nur Seriennummern für Windows.

Ich: Ja, das schrieb ich ja. 🙂

M: Das ist so leider nicht möglich. Um die InDesign CS3 Version nutzen zu können, benötigen Sie ein InDesign Vorprodukt von dem gleichen Betriebssystem.

Ich: Mir wurde gesagt, dass ein Plattformwechsel kein Problem sei.

M: Es ist nicht möglich einfach so durch ein Upgrade auf die CS3 ein Plattfromwechsel vor zu nehmen. Anders ist es mittlerweile bei den neueren Versionen, die dafür auch freigegeben worden.

Ich: Und wie können wir das Problem nun lösen?

M: Sie benötigen als Vorprodukt eine InDesign CS oder CS2 für Mac.

Ich: Das kann doch nicht sein! Wie soll denn dann ein Plattformwechsel funktionieren?! Zuletzt hieß es, man kann keine alte Version mehr herunterladen, ich müsse sie kaufen. Das habe ich nun getan, und das soll auch wieder nicht richtig sein??

M: Ein Plattformwechsel ist Ihrem fall leider für InDesign gar nicht mehr möglich, da die CS2 nicht mehr Upgrade berechtigt ist.

M: Es ist prinzipiel nur mit einem Upgrade auf die aktuelle Version möglich.

Ich: Die CS2-Version ist nicht upgradeberechtig für eine aktuelle Version, sehr wohl aber für eine alte wie CS3!

M: Bei den alten Versionen war es leider gar nicht so möglich, was aber mit der neuen Version geändert worden.
Hier ist aber leider keine Wechsel des Betriebssytems möglich.

Ich: Sie belieben zu scherzen? Bei alten Versionen soll es keine Upgrade-Berechtigungen gegeben haben?!

M: Ja. Sie ist upgradeberechtigt für die CS3 das ist richtig, aber hier war noch kein Plattformwechsel mit dem Upgrade möglich.
Sie ist leider nicht mehr mit der aktuellen Version berechtigt, wo ein solcher Wechsel mitlerweile möglich ist.

Ich: Wo steht das? Ich habe eine Vollversion des Produktes gekauft (CS1), und damit war und bin ich nicht berechtigt von Windows auf Mac zu wechseln?

M: Das ist richtig.

Ich: Und das soll in den Lizenzbestimmungen stehen? Haben Sie mir dafür bitte mal den entsprechenden Paragraphen?

M: Diese Informationen sind leider in keiner offentlichen zugänglichen Datenbank. Einen Augenblick bitte ich schau, ob wir auch eine Informationen in einer öffentlichen haben. Leider stehen uns zu der CS3 nur noch begrenzet Informationen zur Verfügung.

Ich: Können Sie mir nicht einfach eine Mac-Seriennummer für mein Windowsprodukt zuweisen? Das würde ich mal Customer Support nennen. Es wäre so einfach, und alle wäre glücklich.

Ich: In Ihrem Online-Support (FAQ) steht im übrigen:
„Ich habe die Plattform gewechselt und jetzt funktioniert meine Seriennummer nicht.
Sie können dieses Problem nicht selbst lösen. Wenden Sie sich an Adobe.
Legen Sie die Seriennummern für Upgrade- und vorherige Versionen griffbereit.
Halten Sie sich am Rechner bereit, um den Installationsprozess starten zu können.“

M: Dies gild nur für die CS5- CS6 Programme.

Ich: Das steht da aber nicht.

M: Und es ist leider nicht möglich, da Sie für dieses Upgrde leider nicht berechtigt sind.

Ich: Das sagen Sie. Konnten es aber leider bislang noch nicht belegen.

M: Ich habe mich gerade noch einmal bei meiner Fachabteilung informiert, aber leider stehen die Informationen für die CS3 nicht länger zur Verfügung.

Ich: Ist bei Adobe eigentlich das Wort „Kulanz“ bekannt? Frage nur interessehalber.

M: Es sind leider in diesen Fall nicht möglich. Ich muss mich an Regeln halten, worunter Sie mit Ihrer Nichtberechtigung leider fallen.

Ich: Eine angebliche „Nichtberechtigung“, die Sie nicht zu belegen in der Lage sind. Das schreiben Sie ja selbst.

Ich: Warum sollte bei aktuellen Versionen etwas „legaler“ sein als bei den alten?

M: Die regeln für die neuen Versionen wurden gelockert, aber Sie gelten denoch für die alten Programme.

Ich: „gelockert“… Jetzt müsste ich ja fast schmunzeln, wenn es nicht so traurig wäre. — Okay, ich sehe schon, wir kommen hier nicht weiter. Danke für Ihre Zeit.

M: Bitte nennen Sie uns Ihre Bearbeitungnummer, wenn Sie uns das nächste Mal kontaktieren.
Danke für den Chat. Auf Wiedersehen.

> Die Verbindung wurde vom Mitarbeiter beendet.

Tja, was soll ich sagen. Bei Adobe hat man Service und Kundenzufriedenheit eben voll verinnerlicht.

Ich meine, es geht ja hier nicht um ein 10- oder auch 100-Euro-Produkt. Die einzelne Vollversion (aktuell CS6) kostet mal eben schlappe 930 Euro, die Design-Suite Standard gar um die 1.700 Euro. Das Produkt wurde ja schon einmal erworben, und jetzt soll es nochmal bezahlt werden? Das kann nur ein Scherz sein. Leider ein schlechter.

Adobe ist sich ob Photoshop und InDesign seiner Marktpositition nur allzu sehr bewusst. Mit der sich immer weiter verschärfenden Update- und Upgrade-Politik machen sie sich keine Freunde. Wer die offizielle Steve-Jobs-Biographie kennt, weiß, dass auch Apple nur minder gut auf Adobe zu sprechen ist. Wehe dem, der das Haupt auf Dauer zu hoch trägt. Sein Fall ist gewiss. Wie sagt der Volksmund? „Hochmut kommt vor dem Fall.“ Schade eigentlich.

Wie sind Eure Erfahrungen mit Adobe?

Autor: Ralf Heinrich

...ist Vater von zwei Söhnen und lebt seit der Jahrtausendwende im badischen Bühl. Der studierte Informationswissenschaftler und Werbe- und Marketingfachmann tauchte bereits 2005 in die Welt der Sozialen Medien ein, als XING noch openBC hieß und Facebook noch nicht wichtig zu sein schien. Er "lebt und atmet" Social Media durch XING, Facebook, Twitter & Co. und bloggt selbstverständlich auch. Bis 2014 beriet er zehn Jahre lang Firmen und Menschen im Umgang mit Social Media, gab ihnen Starthilfe, und entwickelte mit seiner Agentur, dem Kreativbüro, Werbe-Ideen und -Konzepte für seine Kunden. Nachdem er dann für rund viereinhalb Jahre das globale Marketing für den Treasury-Spezialisten BELLIN in Ettenheim geleitet hat, führt er aktuell das Marketing-Team des Sicherheits-Systemhauses Securiton an.

6 Kommentare

  1. Das Schlimme ist, dass es keine sinnvollen Konkurrenzprodukte (in moderatem Preisrahmen) gibt. Die Preise waren bei Adobe schon immer eine Frechheit, vererbte Bugs über mehrere Versionen normal und der Support ist eben passend. Ich werde meine Adobe Produkte nutzen so lange es geht und bevor ich Adobe Geld für eine nur mässig bessere Version von Indesign hinterherwerfe, kaufe ich lieber Quark und freue mich, was Neues auszuprobieren.

    Photoshop reize ich sowieso nicht aus und habe es durch Pixelmator ersetzt. Zugegebenermassen nutze ich noch Fireworks, das ist für den Webbereich ausreichen und eigentlich kein Adobe Produkt …

  2. Hi, wo ist das Problem? http://www.adobe.com/de/products/creativecloud.html
    Super-Angebot, Super-Service

  3. Schon getestet, Olaf. Ist okay, mir aber zu teuer, dafür dass ich das meiste nicht brauche. Rechnet sich einfach nicht. Dann kann man auch neu kaufen und jedes Jahr updaten. Leider. Die Idee ist nämlich grundsätzlich nicht schlecht. Und ist der Service wirklich so super? Schon selbst getestet?

  4. Der Chat zeigt haufenweise Fehler vom Kundenservice, und das Anliegen hat auch nichts mit Kulanz zu tun.

    Entweder ist die Mitarbeiterin völlig inkompetent, oder der Chat nicht echt. Ich weiß aus Erfahrung dass es für solche Fälle eine Tastaturkombination gibt, wo das doch geht.

    Das weckt die Neugierde, wie lange die Dame vom Kundenservice dort schon arbeitet. =)

  5. Ich finde es respektlos wie Adobe mit den Kunden umgeht. Ich habe Adobe CS3 auf einem neuen Computer installiert und möchte nun die Software aktivieren. Auf dem alten PC habe ich die Software bereits deaktiviert.
    Nun bekomme ich ständig die Meldung „Aktivierung – keine Verbindung“. Anscheinend hat Adobe die entsprechenden Server ausser Betrieb genommen. Komischerweise ging die Deaktivierung. Die neuen Produkte gibt es ja nur noch im Abo-Modell (ab 30 € pro Monat alleine für Photoshop).
    Da ich CS3 gekauft habe und mir gehört, ist es respektlos und wahrscheinlich am Rande der Legalität wie Adobe mit den Kunden umgeht. Ich werde auf jeden Fall keine Produkte mehr von Adobe kaufen und rate das auch allen anderen. Adobe ist eine Gewinn-Maximierungs-Firma und die Kunden sind diesem Unternehmen herzlich egal. Schade, denn die Produkte sind eigentlich sehr gut.

  6. … und übrigens die telefonische Aktivierung wurde ebenfalls außer Betrieb gesetzt. Für mich ist jetzt Zeit Ausschau nach alternativen Produkten zu halten. Wenn man ein bisschen sucht, findet man einiges.

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