„Ich werfe dir auch mal einen Stein in den Garten.“ Lieber einen Stein im Garten als ein Loch im Kopf oder wie? Es ist eine Redensart, die oft verwendet wird, im Sinne von „Ich tu dir auch mal einen Gefallen.“ Aber mal ehrlich: Was soll ich mit den ganzen Steinen im Garten? Wäre mir nicht eigentlich lieber, ich hätte da keine drin?
Was soll das also? Warum wird hier etwas Negatives in etwas positiv Gemeintes – also ins Gegenteil – verkehrt? Man hätte ja auch sagen können „Ich hol‘ dir auch mal einen Stein aus dem Garten.“ Andererseits gibt es bei genauerem Hinsehen zahlreiche Beispiele für Gesagtes, das Gegenteiliges meint (z.B. „Hals- und Beinbruch“ bzw. „Mast- und Schotbruch“). Der Grund ist Ironie. „Man redet anders als man denkt, doch gibt man seine wahre Meinung zu erkennen. Die einfachste Form der Ironie besteht darin, das Gegenteil von dem zu sagen, was man meint.“ (Wikipedia) Aber welchen Sinn hat Ironie überhaupt? „Die Indirektheit der ironischen Formulierung soll bzw. kann hierbei die offenen Thematisierung vermeiden, sei es, weil die ironische Kritik Wertvorstellungen betrifft, über die ‚man‘ nicht spricht.“ Sei es weil das Thema tabuisiert ist oder schlicht zu banal oder selbstverständlich.
Aber woher kommt nun der Stein im Garten?
„Jemandem einen Stein in seinen Garten werfen: ihm einen Schaden zufügen, ihm Schwierigkeiten bereiten, ihm einen bösen Streich spielen, wie Beete durch böswillig in den Garten geworfene Steine zerstört werden können. In dieser ursprünglich negativen Bedeutung ist die Wendung literarisch früh bezeugt: »bezzert er mir niht, ich wirfe im einen stein in sînen garten und eine kletten in den bart« (‚Minnesinger‘ 3, 104b). 1498 erklärt Geiler von Kaysersberg die Bedeutung der Redensart als ‚mit Worten schaden‘ in einer Predigt über Sebastian Brants ‚Narrenschiff‘ im Straßburger Münster: »Und als man gemeinlich spricht, wa man offenlich ret und ein mit worten rürt, so spricht er, er hat im ein Stein in garten geworffen«. Die Wendung »Wirft jn heimlich ein Stein in garten« ist auch in der Fabelsammlung ‚Esopus‘ des Burkard Waldis 1527 belegt. Auch Abraham a Sancta Clara hat die Redensart mehrfach literarisch gebraucht, zum Beispiel im ‚Judas‘ III, 350, in ‚Reim dich‘ 104 und im ‚Kramer-Laden‘ I, 101. Überhaupt ist die Wendung von Luther über Goethe bis in die neuere Zeit beliebt geblieben.
Interessanterweise besitzt sie in manchen Gegenden Deutschlands entgegengesetzte Bedeutung, so vor allem in unterfränkischer, obersächsischer, schlesischischer und westfälischer Mundart, indem sie besagt, daß man jemandem bei passender Gelegenheit einen Gefallen erweisen, einen Gegendienst leisten wird. Zum Beispiel ist aus Zwickau die Wendung bezeugt: ‚Dadervor schmeiß’ch dr emal en annern Steen in dein‘ Garten‘, vielleicht wurde dabei ursprünglich an einen wirklichen Hilfsdienst, die Abwehr der die Saat wegfressenden Spatzen, gedacht; vgl. französisch ‚C’est une pierre dans mon jardin‘, im Sinne von ‚Das bringt Wasser auf meine Mühle‘.
In der ursprünglichen Bedeutung ‚jemandem schaden‘ wird die Redensart nur in Schwaben, im Elsaß und in Rheinfranken gebraucht. In manchen Orten besitzt die Redensart aber gleichzeitig beide Bedeutungen, so daß man nur durch Tonfall, Mienenspiel oder Situation erkennen kann, wie sie gerade gemeint ist.“
[Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten: Stein, S. 1 ff.Digitale Bibliothek Band 42: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, S. 6203 (vgl. Röhrich-LdspR Bd. 5, S. 1538 ff.) © Verlag Herder]
Ich denke, damit sind alle Klarheiten beseitigt. Und das meine ich jetzt nicht mal ironisch. ^^ Ich persönlich kenne die Bedeutung übrigens nur ins Gegenteil verkehrt. Falls jemand tatsächlich die Verwendung in der eigentlichen Bedeutung kennt, wäre ich um einen entsprechend erhellenden Kommentar dankbar.
Andernorts wird übrigens gern mal die Redewendung „auch mal ein blaues Auge hauen“ verwendet, in ganz ähnlichem Sinn. Ich muss sagen, dann schon lieber einen Stein im Garten. 😉