Es ist schwer bedauerlich, was der Acher und Bühler Bote in seiner Ausgabe von gestern berichtet: Jörg Klingbeil, der Landesbeauftragte für Datenschutz in Baden-Württemberg, blockiert Live-Übertragungen von Gemeinderatssitzungen. Was die Gemeinde Seelbach schon seit 2004 mit Erfolg macht, auch in Baden-Baden angeregt wurde und ich auch für Bühl befürworten würde, wird jäh gestoppt. Leider werden nur vage Gründe für dieses Vorgehen genannt. Der Gemeinderat könne nicht mehr „unbefangen“ tagen, so heißt es zum Beispiel. Offenbar fühlt sich so mancher Gemeinderat wohler, wenn ihm niemand über die Schulter schaut. Dieser Eindruck soll hier vermittelt werden. Aber: Die meisten Gemeinderatssitzungen sind öffentlich. Jedermann könnte also ohnehin die Sitzungen besuchen. Allein: es tun in der Regel nur die wenigsten. Eine Übertragung ins Internet oder gar Regional-TV ändert dies. Seelbach hat es vorgemacht; das Interesse an der Kommunalpolitik wuchs.
Ich habe bei Jörg Klingbeil nachgefragt.
Im 30. Tätigkeitsbericht stellt Klingbeil fest, „dass keine Rechtsgrundlage ersichtlich ist, die eine solche Vorgehensweise erlauben würde.“ Andererseits aber auch keine, die sie explizit verbieten würde. Angeblich sei der Grundsatz der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen aber keine geeignete Rechtsgrundlage. Hm. Ich frage mich wirklich, was am Begriff „öffentlich“ so kompliziert ist. Eine über die sog. „Saalöffentlichkeit“ hinaus gehende Ausdehnung ist vielleicht nicht erforderlich, aber vielleicht erwünscht und offenbar auch nicht verboten.
Nun ist aber so, dass es ein Urteil vom Bundesverwaltungsgericht gibt, das Ton- und Bildaufzeichnungen untersagt, mit der Begründung, die Sitzungsteilnehmer könnten sich dann nicht mehr so frei und unbefangen artikulieren, weil alles „dauerhaft und ständig reproduzierbar“ konserviert werde. Ich persönlich finde ja, dass man in einer solch exponierteren Position damit leben können muss. Dennoch gilt das Urteil nun erst einmal. Aber: Was ist, wenn die Sitzungen nicht aufgezeichnet, sondern lediglich live gestreamt werden? Wäre das vielleicht eine ausnutzbare Lücke?
Dann führt Klingbeil noch die sog. „Saalöffentlichkeit“ ab. Was ist also mit den Zuschauern oder Bürgern, die eine Frage haben? Aus meiner Sicht willigen sie mit Teilnahme an der Sitzung ein, für den Moment öffentlich zu sein. Sie könnten sonst auch anonym andernorts den Livestream verfolgen oder für Fragen Sprechstunden besuchen.
Den mir zugesandten Auszug aus dem Tätigkeitsbericht können Sie hier herunterladen:
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Der vollständige Bericht ist auf Homepage des Datenschutzbeauftragten wie auch auf der Homepage des Landtags als Landtagsdrucksache verfügbar.